Schafherdenbesitzer, Manager und die Anti-Atom-Bewegung

Die Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland, sie wird getragen von einem Exekutivkomitee, das durch dreierlei besticht: Es arbeitet professionell, effizient und vor allem auch hauptberuflich am Atomausstieg.

So stellt sich die taz also die Anti-Atom-Bewegung vor. Am 26.3. erschien in  besagter Zeitung der Artikel „Fünf Männer gegen Merkel. Die Bewegungsmanager”, eine Art Homestory aus dem Vorbereitungs-ZK der Anti-Atom-Demos vom Wochenende. Fünf Männer gegen Merkel, wie beeindruckend. Und dann auch noch professionell, effizient und vor allem auch hauptberuflich. Über die Neigung der taz, intransparente und undemokratische Bündnisstrukturen in der Anti-Atom-Bewegung als effizient abzufeiern, könnte und sollte man sich eigentlich aufregen. Von einem grünen Parteiblatt ist aber in gewisser Weise auch nichts anderes zu erwarten. Im Nachhinein interessanter fand ich aber die Argumentationsfiguren der fünf mehr als wohlwollend beschriebenen Manager. Ich will hier nur auf ein Beispiel kurz eingehen, ausführlicher diskutiert werden sollte diese Entwicklung innerhalb der Anti-Atom-Bewegung, bspw. auf der Frühjahrkonferenz Anfang April in Kassel.

Lassen wir aber einen Jungmanager (das es sich durchweg um Männer handelt, ist schon mehr als bezeichnend) zu Wort kommen. Im taz-Artikel heißt es:

Christoph Bautz kommt im Moment nicht mehr zum Blumengießen. Die zwei Pflanzen auf seiner Fensterbank dorren vor sich hin. “Es gibt nicht nur Input-Legitimation, sondern auch Output-Legitimation”, sagt der 38-Jährige. Früher hat der Biologe, Schafherdenbesitzer und Attac-Mitbegründer in seiner Heimat Kröten über die Straße getragen. Morgen kann seine Output-Legitimation wieder gemessen werden, bei den Straßenprotesten in München und Berlin, in Köln und Hamburg.

Naja, der Habitus und das politische Selbstverständnis „Schafherdenbesitzer” ist ihm erhalten geblieben. Aber die Rede von der Output-Legitimation ist hochpannend. Ziemlich offensichtlich: Hier wird die durchsichtige Kunst des Schönredens betrieben und werden die eh schon erbärmlichen demokratischen Standards, um von Basisdemokratie mal ganz zu schweigen, weiter herabgesetzt. Über die Fragen, wann wo und warum eine Demo gegen Atomkraft gemacht werden sollte, wollen die fünf Manager/Schafherdenbesitzer nicht mehr politisch streiten. Politisch streiten ist nämlich vor allem eins: ineffizient.

Die Orientierung unserer Politik an der Maßgabe, ob es sich vom Output her rechnet, impliziert, dass sich die Anti-Atom-Bewegung selber am besten im Bild eines Konzerns beschreiben lässt. Die Funktionslogik beruht in der Ausrichtung auf das Ziel Effizienz. Es geht um die schnelle Mobilisierung der „Massen”, was dann am ehesten gelingt, wenn sich die Anti-Atom-Bewegung selbst als Unternehmen begreift: hierarchisch strukturiert, auf ein Ziel ausgerichtet, in Profit-Centers unterteilt, glatt und effizient funktionierend und autoritär geführt.

Es ist an der Zeit, über den Einfluss des Bewegungsmanagements zu streiten. Nicht zuletzt deswegen, weil sie bereits einen Fahrplan der Anti-Atom-Bewegung für die nächsten Monate ausarbeiten werden – nach ihren Kriterien. Und auch, weil wir das Menschenbild und das Bild von politischer Praxis, welches durch ihr Agieren vermittelt wird, schlichtweg nicht mittragen. Um an Ende das Anti-Atom-Büro Hamburg zu zitieren:

Das Ziel der Anti-Atom-Bewegung ist daher nicht nur eine kapitalistische Gesellschaft in der es keine Atomanlagen gibt (das fordern auch SPD und Grüne) sondern eine grundlegend andere Gesellschaft, in der Atomanlagen nicht machbar sind. […] Die Kritik der Anti-Atom-Bewegung ist der Versuch, eine Energieversorgung zu denken die sich an den Bedürfnissen derjenigen orientiert, die die Energie verbrauchen, aber auch derjenigen, die die Rohstoffe zur Verfügung stellen. Damit dies auf Augenhöhe miteinander verhandelt werden kann (bsp. RapsbäuerInnen, AgrospritproduzentInnen und AgrospritverbraucherInnen) braucht es eine herrschaftsfreie und selbstbestimmte Gesellschaft, die Gremien und Orte bereitstellen kann, die gewährleisten, dass die Belange keiner einzigen Gruppe Betroffener einfach unter den Tisch fallen können. Die Frage nach einer anderen Energieerzeugung ist daher vor allem die Frage nach einer anderen Gesellschaft, und weniger nach anderen Technologien.

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