“Make Energierzeugung great again!” 5 Thesen zu Atomenergie als Ausdruck energiepolitischer Transformationsverweigerung

Nicht erst seitdem Alice Weidel ankündigte, alle Windräder niederzureißen, wenn sie und die AfD an der Macht sind, scheint es immer beliebter, sich nuklearen Zukunftsträumen hinzugeben. Aber wieso eigentlich, wo doch Atomenergie schon seit 2022 im Strommix hinter Biogasanlagen zurückgefallen war? Dazu 5 Thesen:

*These 1*: Die Atomenergie war schon immer vor allem Eines, ein Versprechen auf eine sorgenfreie Zukunft. Über sieben Jahrzehnte hinweg war Atomenergie immer die Antwort auf die dringensten Fragen der Zeit.
Von Atoms for Peace (Eisenhower 8.12.1953 vor der UN Vollversammlung) über „too chep to meter“ (Der Vorsitzende der Atomic Energy Commission Lewis Strauss 1954: electrical energy too cheap to meter) und „Wir werden durch Atome leben“ 1956, bis hin zu Deutschlands ungeliebtem Klimaschützer (2007 deutsches Atomforum), Atomenergie war immer die Lösung, egal welche Frage sich stellte.

*Atomtechnologie* ist *eben nicht nur eine Technik*, sondern auch eine Ideologie, *ein Versprechen*.

*These 2:* Mit Beginn diesen Jahrzehnts kommt die Wucht der sich schon lange abzeichnenden Krisen wie Klimakrise und die sich auch kriegerisch verschärfende Rivalität der Machtblöcke auch in der Mitte der bundesdeutschen Gesellschaft an. Spätestens nach den Dürresommern und der Ahrtalflut ist das Klimathema nicht mehr nur eines das Öko-Spinner beschäftigt abzutun. Es wird deutlich das diese Gesellschaft sich ändern muss, das es einer Transformation bedarf.

*These 3*: Eine mögliche Antwort darauf ist neben einem A) *technologischen Fix* (Ökomodernisten) und einer B) *tiefgreifenden sozial-ökologischen Veränderung* auch die C) *Weigerung* sich den Transormationsanforderungen zu stellen. Diese Haltung bezeichnen wir als *Transformationsverweigerung*.

Dennis Eversberg beschreibt es wie folgt: „Die Stimmung einer gesellschaftlichen Mitte hat sich verschoben: von «Wir müssen uns ändern, aber wir möchten gerne auch weiter so leben wie bisher» hin zu «Wir möchten weiter so leben wie bisher – und wenn es nicht weh tut, darf auch ein bisschen Klima­schutz sein». Zentral ist das Bedürfnis nach dem Ver­sprechen, dass es so weitergehen kann.“

(https://www.ews-schoenau.de/energiewende-magazin/zur-sache/die-stimmung-der-gesellschaftlichen-mitte-hat-sich-verschoben-/)

Für den im Klimadiskurs hochrelevaten Energiesektor ist es die Atomenergie, die diesem Bedürfnis am ehesten entspricht, da sie schon seit mehr als einem halben Jahrhundert eben dieses Versprechen in sich trägt.

*These 4:* Der Wunsch AKWs zu bauen oder zu behalten steht daher nicht im Zusammenhang mit dem realen Anteil an der Energieversorgung oder der technischen Umsetzbarkeit, sondern orientiert sich vor allem an der Stärke des Transformationsdruckes. Oder schlicht: je deutlicher die Klimakrise desto stärker der Wunsch diese einfach durch den Bau von AKW zu lösen – und so weiter leben zu können wie bisher.

Der Wunsch neue AKW zu bauen wie es die CDU-CSU Fraktion in ihrer „Neuen Energie-Agenda für Deutschland“ Bezahlbar, sauber, sicher – Energiepolitik für den Weg zum klimaneutralen Industrieland vom 5.11.2024 formuliert, oder auch die AfD Fraktion im Bundestag in Ihrem Antrag : „Wohlstand statt Verzicht – Neuanfang wagen mit Kernenergie – Verlässliche, kostengünstige und umweltverträgliche Energieversorgung für alle“ vom 9.10.2024 steht also vor allem für einen energiepolitischen Blick zurück in eine verklärte, sorgenfreie energiepolitische Vergangenheit, einem „Make Energieversorgung great again“. Eine Haltung, die sich weigert die bestehenden Energiepolitische Situation (60% Regenerative, 20% Kohle, 0% Atom) zur Kenntnis zu nehmen und sich auch einer weitergehenden Transformation des Energiesektors verweigert. 

These 5: So schlicht der Wunsch, so schwer die Intervention. Es bleibt nichts weiter als die stoische Wiederholung das „Atomenergie Teil des Problems und nicht der Lösung“ ist. 
In der Formelhaft reduzierten Sprache sozialer Medien bleibt nur wenig Raum, um der Problemreduktion durch einfache Lösungen Antworten entgegen zu halten, die nicht unterkomplex und nicht falsch sind.
"Mit der Technik von Gestern die Probleme von morgen schaffen" als Antwort auf die Söderschen Wiederanfahrpläne oder "zu spät, zu teuer, zu gefährlich" auf das Argument AKWs wäre eine irgendwie geartete Lösung für die Klimakrise.
Letztendlich stellt sich die Frage ob und wie es uns gelingt dem über all dem Transformationsbereiten Ökomodernisten von CDU bis Grüne schwebende Wachstumsparadigma zu widersprechen und deutlich zu machen, dass auch die ökologischste Energieerzeugung über kurz oder lang (eher kurz) an die Grenzen des technisch und ökologisch Machbare stößt und sich die "Grenzen des Wachstums" (Club of Rome) erneut von ihrer unnachgiebigen Seite zeigen.
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